Dalís Traum

Augmented Reality Fernrohr

Leistung: Design, Entwicklung, Installation, Konzept, Produktdesign

Für die Ausstellung „Salvador Dalí und Hans Arp – Die Geburt der Erinnerung“ vom 24.2.2020 – 10.1.2021 im Arp Museum Bahnhof Rolandseck, setzten wir ein Augmented Reality Fernrohr in der Fachrichtung Mediendesign der Hochschule Mainz um. Dieses ermöglicht den Besucher*innen Dalís Werk „Traum, verursacht durch den Flug einer Biene um einen Granatapfel, eine Sekunde vor dem Aufwachen“ im Panorama des Siebengebierges zu erleben.

Erlebnis

Die Besucher*Innen erhalten mit ihrem Eintrittsticket eine Münze und werden auf deren Verwendung am Fernrohr hingewiesen. Dieses ist auf dem Aussichtsbalkon im Neubau zu finden und wird beim Betreten und Verlassen der Ausstellungsräume passiert. Sofern keine Münze eingeworfen wurde, ist die Sicht blockiert – wie es von den gewöhnlichen touristischen Instrumenten gewohnt ist. Nach dem Einwerfen der Münze, wird die Sicht mit einer weichen Blende freigegeben. An Griffen links und rechts neben den beiden Okularen, lässt sich das Fernrohr in horizontaler und vertikaler Achse schwenken. Die horizontale Achse umfasst einen Schwenkradius von 120°, wodurch ein weiter Blick den Rhein entlang über das gesamte Siebengebirge gewährt wird. Der vertikale Schwenkradius reicht mit 20° Grad vom Rheinufer des Museums bis zum Horizont der gegenüberliegende Rheinseite.
Über das Siebengebirge und durch den Rhein sind die lebendig gewordenen dalíschen Elefanten zu entdecken, die mit ihren langen Beinen und aufgesattelten Obelisken in Flussrichtung des Rheins durch die Landschaft staksen.
In der Mitte des Rheins, am Anfang der gegenüberliegenden Insel Grafenwerth, entdeckt man Dalís Frau Gala, die nackt auf einer Steinplatte schläft. Ihr Haar weht leicht im Wind. Ein Granatapfel wird von einer Biene umkreist. Über Gala: ein weiterer, riesiger Granatapfel. Wird dieser mit dem Fernrohr fokussiert, platzt er auf, ein Fisch schießt heraus, sein Maul öffnet sich, heraus springt ein Tiger, aus dessen Maul ein weiterer Tiger. Die Tiere harren sanft atmend, bis der Blick abgewendet wird.
Nach einer Minute schließt sich der Blick mit einer weichen Blende und steht für die folgenden Besucher*innen zur Verfügung.

Realisierung

Surreale Bildwelten mit der Realität zu vereinen, war das Ziel des Projektes. In Anlehnung an die naturnahen und detailgetreuen Landschaften von Salvador Dalí sollte auch die Umgebung des Museums so realistisch wie möglich wiedergegeben werden. Daraus entstand die Motivation, ein binokulares System zu entwickeln, um eine stereoskopische Betrachtung zu ermöglichen und durch die Verwendung einer analogen Optik ein gestochen scharfes, bril­lantes Bild der Landschaft zu erzeugen. Die digitale Erweiterung wird über zwei Full-HD Microdisplays in das Sichtfeld eingespiegelt. Diese werden von einer Software bespielt, die speziell für das Fernrohr entwickelt wurde. Hier dient eine digitale Rekonstruktion der Umgebung als Maske und Oberfläche, um die animierten Motive aus Dalís Gemälde exakt in der realen Umgebung zu platzieren. Vor allem bei den Elefanten wird deutlich, dass sich deren Routen an die Täler und Erhebungen der Landschaft anpassen. Das Schwenken des Fernrohrs wird über Rotationssensoren an beiden Achsen in Echtzeit erfasst und an virtuelle Kameras in der Software übergeben.
Um auf die sich stetig ändernden Lichtverhältnisse zu reagieren und für ein konstantes Kontrastverhältnis zwischen Umgebungs- und Displayhelligkeit zu sorgen, wird die Lichtsituation permanent aufgezeichnet. Ein Algorithmus verarbeitet die Daten und senkt entweder die Helligkeit der Monitore oder steuert über einen Motor zwei variable Graufilter im Fernrohr, die die Lichteinstrahlung ins Fernrohr anpassen.
Die technischen Komponenten werden durch ein klimatisiertes, wasserdichtes Innengehäuse geschützt. Ein aus Edelstahl gefertiges Außengehäuse mit einem im Boden verankerten Standfuß greift die Form- und Materialästhetik des Richard Meier Baus auf.

Zeichnung Technik, Innengehäuse, Außengehäuse Lukas Flory, Julian Hermann-Schoderer

Kooperationsprojekt

Arp Museum Bahnhof Rolandseck
Dr. Oliver Kornhoff, Dr. Sarah-Lena Schuster
& Hochschule Mainz, Mediendesign

Dank an:
Silke Philipps-Deters, Descom
Uwe Ammel, Medinger Basalt
Dr. Ronald Lehndorff, Sensitec GmbH
Prof. Frank Fiedler, Uni Mainz
Prof. Dr.-Ing. Martin Schlüter, Hochschule Mainz
Anja Cramer, Hochschule Mainz
Prof. Daniel Seideneder
Nils Weger, Hochschule Mainz
José Ceballos, Arp Museum Bahnhof Rolandseck
Sany Sakiri, Arp Museum Bahnhof Rolandseck
Oliver Paschke, Arp Museum Bahnhof Rolandseck
Hartmut Putzig, LC Design
dropout GmbH, Mainz
headtrip immersive media GmbH, Köln
Fundació Gala-Salavador Dalí

Projektleitung: Prof. Olaf Hirschberg
Projektmanagement, Kreative Leitung und Entwicklung: Julian Hermann-Schoderer
Technik und Konstruktion: Lukas Flory
Optikdesign: Michael Schneider
Animation: Aylin Mirza, Igor Posavec
Mockup Animation: Malik Alpoguz, Martin Schaaf
Video Dokumentation: Björn Brunke
Audioaufnahme: Philipp Grzemba, Joshi Rasch, Onur Bilem
Schnitt: Anika Auerswald

Dieses Projekt wurde gefördert durch „experimente#digital – eine Kulturinitiative der Aventis Foundation“.

Bildnachweis: Salvador Dalí – Traum, verursacht durch den Flug einer Biene um einen Granatapfel, eine Sekunde vor dem Aufwachen © Fundacio Dalí